Large Language Model: Das smarte Cockpit erobert chinesische Autos

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Kontext verstehen, Folgefragen beantworten, echte Interaktion: Das Large Language Model verspricht smarte Funktionen im Fahrzeug. In China führt die Technik zu beeindruckenden Nachfragewerten für smarte Cockpits.

Was Autofirmen schon seit langem versprechen, das „smarte Cockpit“, wird jetzt erstmals Realität: mit dem „large language model“, LLM. Für manche Beobachter in China ist es der nächste Technologiesprung im Auto. Die verbesserte Spracherkennung ermögliche es zum ersten Mal, die Hände öfter vom Steuer zu nehmen. Für andere ist es bisher nur ein großer „Hype“, die Industrie sei noch ganz am Anfang, sagen sie.

Zu beobachten ist auf jeden Fall, dass immer mehr Autohersteller in China ChatGPT-ähnliche Software in die Cockpits ihrer Modelle integrieren. Einer der ersten „Early Adopters” war Changan Motors. Das chinesische OEM hat bereits im März dieses Jahres damit begonnen, seine Limousine Yida über Software-Updates mit dem „Ernie Bot“ auszustatten, der ChatGPT-Version von Baidu.

Wo früher nur relativ primitive Sprachkommandos möglich waren, beginnt nun eine Konversation des Fahrers mit einem intelligenteren Assistenten, der Kontext versteht und auch auf Nachfolge-Fragen reagieren kann. Auch das Auto beginnt, sich proaktiv an den Fahrer zu wenden, wenn es Wartung braucht.

Fahrfunktionen und das Infotainment an Bord können über Sprache, Gesten und mit Hilfe von Gesichtserkennung gesteuert werden, außerdem gibt es ein „Sicherheits-Monitoring“ für Kinder. Nicht nur Changan Motors, auch Geely, Great Wall Motor, Leapmotor, Jidu, Dongfeng Voyah, Hongqi, Dongfeng Nissan haben inzwischen angekündigt, Baidus „Ernie Bot“ in ihren Autos anbieten zu wollen.

LLM ist mehr als ein Sprachassistent

Doch LLM verspricht mehr als nur Upgrades für den Sprachassistenten. Eine weitere mögliche Anwendung von Künstlicher Intelligenz im Auto ist die bessere Auswertung verschiedener Sensorik-Daten für die Fahrerassistenz, ADAS. LLM wird dafür mit Domain-Controllern integriert. Das chinesische KI-Unternehmen „SenseAuto“ hat kürzlich auf der IAA Mobility in München die „Multi-Sensor-Fusions-Wahrnehmung” für sein jüngstes Cockpit-Produkt in den Vordergrund gestellt. Basierend auf „SenseNova“, dem von der Firma entwickelten LLM, wird unter dem Stichwort „Sicherheit“ ein „intelligenteres Entscheidungs-System für das Gehirn des Autos“ versprochen.

LLM verändert also nicht nur die Kommunikation zwischen Fahrer und Fahrzeug, macht sie interaktiver und persönlicher, sondern verspricht auch die autonomen Fahrfunktionen durch schnellere und bessere Entscheidungen zu verbessern.

Das Large Language Model in der Fahrzeug-Produktion

Das dritte neue Anwendungs-Szenario ist der Einsatz von LLM bei digitalisierten Produktionsprozessen in den Autofabriken. Zwar macht bislang vor allem LLM im Cockpit Schlagzeilen, doch auch die Verbesserung von ADAS und der Produktion hat ebenfalls bereits eine ganze Reihe chinesischer Hersteller auf den Plan gerufen. „Für Chinas Automobil-Industrie beginnt eine neue Ära der Intelligenz,“ schreibt das Technologieportal ITBEAR über den neuen Trend. Die Intelligenz der Fahrzeuge werde durch LLM endgültig zum Kern künftiger Entwicklungen in der Autoindustrie.

Autohersteller und Anbieter von KI-Software in China experimentieren gerade mit den neuen Möglichkeiten. Ähnlich der Kooperation zwischen Microsoft und Mercedes Benz für ChatGPT wollen sie „Large Language Models“ so schnell wie möglich mit dem Smart Cockpit und auch der Domain-Kontrolle im Auto integrieren.

Zu den führenden Zulieferern in dieser neuen Industrie in China zählen Pegatron und Quanta, die beiden taiwanesischen Auftragshersteller für Tesla. Unter den Anbietern aus der Volksrepublik ist Desay SV momentan der erfolgreichste Zulieferer. Er beliefert unter anderem Li Auto, Chery und Neta. Auch das Geschäft der chinesischen Unternehmen Megatronix, ECARX, Neusoft Auto Link und der Autosparte von Huawei wächst gerade.

Starke Nachfrage nach smarten Cockpits

Die neuen Möglichkeiten dank LLM beschleunigen noch einmal die Adoption von Smart Cockpits in der chinesischen Autoindustrie. Sie ist naturgemäß bei teureren Automodellen am weitesten fortgeschritten. Doch immer mehr günstige Autos in China werden jetzt ebenfalls damit aufgerüstet.

In der ersten Hälfte dieses Jahres hat das Smart Cockpit bei neuen Autos mit Preisen von über 600.000 Yuan, mehr als 77.000 Euro, eine Marktpenetration von 85 Prozent erreicht, heißt es in einer aktuellen Studie des Gasgoo Automotive Research Instituts. Doch auch bei günstigeren Autos mit einem Preis von unter 300.000 Yuan, unter 39.000 Euro, hat das Smart Cockpit bereits 60 Prozent aller Modelle erobert. Insgesamt, für sämtliche Neuwagen, liegt die Marktpenetration für Smart Cockpits in China derzeit bei knapp 60 Prozent, für zentrale Cockpit-Domain-Controller bei 14 Prozent.

Die hohe Anzahl relativ junger, technologieaffiner Autofahrer in China sorge dafür, dass stark digitalisierte Cockpits in China allmählich zum Standard werden. Das Large Language Model gibt dieser Entwicklung seit diesem Jahr noch einmal einen kräftigen Schub.